Geschichte Neuberg
Die ersten Anzeichen einer Besiedelung der Gegend des heutigen Neuberg finden wir schon sehr früh.
Obwohl genaue Aufzeichnungen fehlen, lässt sich doch aus den sogenannten „tumuli“ (Hügelgräber), die vermutlich aus der älteren Bronzezeit (1550 bis 1100 v. Chr.) stammen, sowie aus dem keltischen Münzfund in Güttenbach auf eine Besiedlung in dieser Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit schließen.
Erst seit Vera Zimányi die Urbare der Herrschaft Güssing des 16. Jahrhunderts analysierte, ist es für die Wissenschaft klar, dass die Anfänge von Neuberg nicht im Dunkeln liegen. Die Fachleute sind sich einig, dass es sich bei Neuberg um eine kroatische Neugründung des 16. Jahrhunderts handelt.
Die kroatischen Ansiedler von Neuberg kamen wahrscheinlich mit der zweiten und größten Umsiedlungswelle, die bereits im Jahre 1533 in Bewegung kam. Im Jahre 1576 wird die Neuansiedlung Nowaghora (= Neuberg) erstmals urkundlich erwähnt. Laut dieser Urbare (= Grundsteuerbuch) der Güssinger Herrschaft lebten 1576 in Neuberg 67 Lehensbauern und 350 Bewohner, alle Kroaten.
Die Grundherren verliehen ihren Lehensbauern Sessionen (= Lehngüter), für deren Nutzung sie dem Grundherrn bestimmte Arbeits- und Sachleistungen als Entgelt zu erbringen hatten. Der größte Teil dieser Robotarbeiten wurde von den Bewohnern des Dorfes auf den herrschaftseigenen Feldern der Familie Batthyány abgeleistet, die vor allem in Güssing, Stegersbach, Neuberg, Tschantschendorf und Heiligenbrunn lagen.
In der Kriegsnot des Jahres 1670 wurde das Dorf Neuberg von Christoph Batthyány an die adelige Frau Katharina Kisfaludy um 4.000 ungarische Gulden verpfändet. Im Besitz der Familie Lengyel blieb Neuberg 72 Jahre lang, bis es im Jahre 1742 von Graf Ludwig Batthyány um 5.000 rheinische Gulden wieder eingelöst wurde.
Die Gemeinden der Güssinger Herrschaft wurden von einem bestellten Richter verwaltet, der auch Recht sprach. Seine Funktion war die eines heutigen Bürgermeisters. Unter Graf Ludwig Batthyány waren im Jahre 1750 Paul Czvitkovich Richter, Ive Bohetich, Jure Kollovich, Ive Tarich und Christian Kovács Geschworene. Damals gab es folgende Familien: Radostich (7), Kollovich (7), Czvitkovich (5), Kovács (5), Novasel (5), Bohetich (4), Ifkovich (3), Gergics (2), Mercsanich (2), Tarich, Tobsich, Hansich und Groff (je 1 Familie).
Im Pfarrarchiv findet man eine Urkunde, aus der ersichtlich ist, daß im Jahre 1832 in Neuberg die erste Schule errichtet wurde. Der erste Lehrer war Franz Svetics aus Stegersbach, der über 100 Schüler in kroatischer Sprache unterrichtete.
Im Jahre 1867 erfolgte der Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn. Dadurch wurde zwar der innere Frieden hergestellt, es folgte aber eine Unterdrückung der Minderheiten in Ungarn (Deutsche, Kroaten). Amts- und Unterrichtssprache wurde Ungarisch. Wer es zu etwas bringen wollte, musste ungarisch reden und seinen Namen madjarisieren lassen. Diesen Bestrebungen widersetzten sich die Bauern stärker als die damalige gesellschaftliche Oberschicht (Verwalter, Pfarrer, Lehrer, etc.).
Zwischen den beiden Weltkriegen
Mit der Zerschlagung der Monarchie und dem Ende des Ersten Weltkrieges, in dem 36 Männer aus Neuberg ihr Leben lassen mussten, begann für Neuberg ein völlig neuer Abschnitt seiner Geschichte. Wegen der bisherigen starken Unterdrückung des Kroatischen und Betonung des Ungarischen neigten auch die Neuberger zu Österreich, und die meisten begrüßten es, als 1921 Burgenland zu Österreich kam.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts setzte eine große Auswanderungswelle nach Amerika ein. Die erste große Auswanderungswelle setzte etwa 1905 ein. Bis 1939 wanderten nicht weniger als 462 Personen von Neuberg nach Amerika aus. Begehrte Ziele in den Vereinigten Staaten und in Kanada waren die Städte Chicago, New York, Toronto und Edmonton.
Bei den Auswanderern handelte es sich vor allem um arbeitslose Saisonarbeiter, die früher in großen Gruppen (Partien) Arbeit auf den Gutshöfen im Norden, vor allem in Niederösterreich, fanden.
Durch die Modernisierung der landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen hatten viele ihren Arbeitsplatz verloren, und wenige von ihnen hatten genügend Grund und Boden in Neuberg, um ihre Familie ernähren zu können.
Der Ständestaat
Die politische Entwicklung der jungen Republik war konfliktreich und fand auch im Burgenland seinen Niederschlag. Die christlich-soziale Heimwehr und der sozialdemokratische Schutzbund standen einander im Konflikt gegenüber. 1933 wurde unter Engelbert Dollfuß die Demokratie durch einen Staatsstreich abgeschafft. Damit war die parlamentarische Demokratie zerstört worden und alle Parteien, außer der Vaterländischen Front, verboten. Die Regierungsdiktatur Dollfuß / Schuschnigg währte von 1933 bis 1938. Der Bürgerkrieg am 12. Februar 1934 brachte beinahe „die Vernichtung der Österreichischen Sozialdemokratie, 10.000 Verhaftungen und 9 vollstreckte Todesurteile“ wurden vollzogen. Für das Burgenland wurden keine Kampfhandlungen gemeldet.
In Neuberg hält die Schulchronik fest, dass die Schule zwischen 13. und 16. Februar 1934 wegen öffentlicher Unruhen gesperrt war. Die Bemächtigung der Schule durch den faschistischen Ständestaat wird ebenfalls deutlich: Vaterländische Schülerabzeichen wurden eingeführt, Kruckenkreuzfahnen angekauft und die Jugend zu Maifeiern vor der Kirche verpflichtet, wie die Chronik zu berichten weiß.
Die Chronik der 1924 gegründeten Feuerwehr hält ebenfalls fest, dass 1934 einige Mitglieder von der Feuerwehr ausgeschlossen wurden. Der Gemeinderat und die Lehrerschaft gehörten der Vaterländischen Front an. Der Pfarrer von Neuberg, ebenfalls ein Träger des Ständestaates vor Ort, war Abgeordneter im Ständischen Landtag des Burgenlandes von 1934 – 1938, das demokratische Prinzip der Gewaltenteilung, der Trennung von Religion und Politik, die heute eine Selbstverständlichkeit und ein hohes Gut sind, hatte keine Geltung.
„Anschluss“ an das Deutsche Reich und der II. Weltkrieg 1938-1945
Die nationalsozialistische Machtergreifung fand von außen durch den Einmarsch der Deutschen Wehrmacht und auch von innen statt, denn illegale Nazis waren seit 1934 aktiv. Die unmittelbaren Folgen des „Anschlusses“ im März 1938 an das Deutsche Reich bedeuteten den Austausch der Verantwortungsträger auf allen politischen Ebenen: „Der Ortsgruppenleiter, der Ortsbauernführer und der Bürgermeister bildeten die Trias der NS-Führung auf der Basis der dörflichen Ebene.“
Auch in Neuberg – wie im ganzen Land, wurde der „Ansschluss“-Jubel von der Aussicht auf politische und wirtschaftliche Vorteile genährt. Die Entrechtung und Verfolgung der jüdischen und als jüdisch definierten Personen basierend auf den sogenannten „Nürnberger Rassegesetzen“ im ganzen Deutschen Reich, so auch im Burgenland und in Neuberg, wurde begleitet von Enteignungen.
Die Familie Stein wurde 1938 zur Auswanderung gezwungen und ihr Besitz am 15. März 1940 versteigert. Die Familie Stein, Jakob und Cäcilia, führten je eine Gemischtwarenhandlung in Oberneuberg und in Unterneuberg. Ihre beiden Kinder, Egon und Erika, besuchten die Volksschule in Neuberg. Es gelang ihnen die Flucht zunächst nach Wien und 1939 nach Israel.
Unangepasste und regime-kritische Personen wurden ebenfalls verfolgt, so der Pfarrer Matthias Semeliker und die Volksschullehrerin Anna Horvath, die sich vor allem den nationalsozialistischen Germanisierungsbestrebungen der Schule widersetzten. Nach derzeitigem Wissenstand gibt es auch zwei Euthanasieopfer zu beklagen. Das Burgenland wurde auf die Gaue Steiermark und Niederdonau aufgeteilt. Zahlreiche Neuberger wurden zur Wehrmacht eingezogen, mehrere Personen waren Mitglieder der SS, der SA und der HJ.
Im Frühjahr 1945 gab es die ersten Bombenangriffe auf Neuberg. Obwohl bei einem Bombenangriff durch amerikanische Flieger rund 60 Bomben auf Neuberg abgeworfen wurden, gab es glücklicherweise keine Toten zu beklagen. Im folgenden wurde die Front in Etappen immer mehr zurückgenommen, bis sie am 7. April 1945 auf dem Neuberger Hotter verlief. Einen Tag später, am 8. April 1945, kam es zum ersten Aufeinandertreffen mit der russischen Armee.
Während des Kampfgeschehens wurden fünf Deutsche und ein Russe getötet, die auf dem Ortsfriedhof bestattet wurden. In der Nacht vom 11. zum 12. April 1945 zerstörten die Deutschen das Telefon und zogen ab. Am 12. April 1945 zog die russische Besatzung in Neuberg ein. Aufgrund der kroatischen Muttersprache der Neuberger und der Sprachverwandtschaft zur russischen Sprache war die Verständigung mit ihnen recht gut. Die Neuberger wurden von den Russen als „narod karose“ (Brudervolk) bezeichnet. Im Laufe des II. Weltkrieges wurden rund 350 Männer aus Neuberg zur Deutschen Wehrmacht eingezogen. 51 von ihnen starben an der Front, 23 gelten als vermisst. Ein Wissen um Wehrmachtsdeserteure, deren Flucht im NS-Regime mit der Todesstrafe geahndet wurde, gibt es derzeit nicht. Das Gefallenengedenken findet seinen sichtbaren Ausdruck im Kriegerdenkmal.
Die Kontaktnahme mit der Familie Stein 2022, die Neuberg im Dezember desselben Jahres und im April 2023 einen Besuch abstattete, zeigt einen neuen Zugang zur Erinnerungskultur des Dorfes und damit die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Abschnitt unserer Geschichte.